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Treibhausgaskompensation: Was verbirgt sich hinter dem Doppelzählungsproblem und wie sehen mögliche Lösungen aus?
Antwort von: LfU
Im folgenden Beitrag wird die Problematik der Doppelzählung und mögliche Lösungen thematisiert. Dabei wird auf den Lösungsansatz der „Klimafinanzierung“ ausführlicher eingegangen.
Die Problematik der Doppelzählung?
Doppelzählung kann sich auf die mehrfache Nutzung eines CO2-Zertifikats beziehen wie es beispielsweise über verschiedene Register oder zwischen den verschiedenen Kompensationsmärkten vorkommen kann. Meistens wird unter dem Begriff „Doppelzählung“ jedoch eine doppelte Anrechnung zwischen den Kompensationsprojekten und den Klimaschutzzielen des Gastlandes verstanden. Während der Gültigkeit des UN-Klimaabkommens von Kyoto („Kyoto-Protokoll“) hatten nur die Industrieländer eigene Klimaschutzziele. Daher konnten Kompensationsprojekte, vor allem auch die durch die Vereinten Nationen überwachten Projekte im Rahmen des „Clean Development Mechanism“ (CDM), ohne Gefahr einer Doppelanrechnung in Schwellen- und Entwicklungsländern umgesetzt werden.Seit 01.01.2021 gelten jedoch für alle Vertragsstaaten des Pariser Klimaschutzübereinkommens eigene Klimaschutzziele. Wenn für die Erreichung dieser Ziele aber auch die Einsparungen aus Kompensationsprojekten angerechnet werden, werden diese doppelt gezählt: einmal für das Gastland und einmal für den Kompensationskunden.
Folgende Lösungsansätze haben sich seit dem 01.01.2021 entwickelt:
- Die Vereinten Nationen wollen ein Nachfolgeregelwerk für den Clean Development Mechanism (CDM) entwickeln, welches sicherstellen soll, dass Zertifikate nicht gleichzeitig auch für die Klimaschutzziele des Gastlandes angerechten werden. Allerdings ist noch unklar, wann dieses Regelwerk in Kraft tritt. In der Zwischenzeit haben einzelne Kompensationsdienstleister bereits bilaterale Verträge, sogenannte „Corresponding Adjustments“ (CA), mit einzelnen Projektländern geschlossen, in denen diese versichern, die konkreten Projekte aus der landeseigenen Treibhausgasbilanz herauszurechnen.
- In der Zwischenzeit greifen manche Marktteilnehmer, die eine Doppelzählung vermeiden wollen, auf alte CDM-Zertifikate des Kyoto-Protokolls zurück, bei denen es formell noch keine Doppelzählung gab. Allerdings bedeutet das zunehmende Alter der Zertifikate oft auch eine verminderte Wirksamkeit, da die Projekte womöglich nicht mehr bestehen.
- Viele große Kompensationsanbieter reagieren auf die aktuelle Kritik und laufende Klagen, indem sie für die angebotenen Zertifikate nicht mehr den Begriff „Kompensation“, sondern „Klimafinanzierung“ verwenden. Formell gesehen können Kunden dieser Zertifikate sich selbst bzw. ihre Produkte damit nicht mehr „klimaneutral“ stellen. Stattdessen können sie sich lediglich die Finanzierung der konkreten Projekte zurechnen. Dies wird mit dem Begriff „Contribution Claim“ (CC) bezeichnet.
„Klimafinanzierung“ statt „Kompensation“
Die sogenannte „Klimafinanzierung“ eignet sich auch für regionale Projekte, für die nicht absehbar ist, ob das Problem der Doppelzählung jemals gelöst werden kann. Eine transparente Kommunikation dieses Engagements könnte sich beispielsweise so gestalten, dass artikuliert wird, dass die investierende Firma sich im Umfang der eigenen nicht vermiedenen Emissionen freiwillig an der Finanzierung von Klimaschutzprojekten beteiligt.Dies muss nicht notwendiger Weise anhand einer emissionsbezogenen Zuordnung erfolgen, sondern könnte auch in Form eines internen CO2-Preises je nach Höhe der bilanzierten Emissionen gelöst werden. Die Gelder aus diesem internen CO2-Preis sollten dann in zusätzliche Klimaschutzprojekte fließen, um eine möglichst hohe Wirkung zu entfalten. Die Höhe dieses Preises sollte mindestens die Kosten von hochwertigen Kompensationsprojekten betragen und könnte sich mittel- bis langfristig sogar an den Schadenskosten einer Tonne CO2-Äquivalente orientieren. Auf diese Weise entsteht idealerweise ein firmeninterner Anreiz zu einer klimaschonenden Handlungsweise, ähnlich wie dies mit einer CO2-Steuer gelingen kann. Mehr zum Thema Schadkosten erfahren Sie auf der Webseite des UBA über den untenstehenden Link.
Mit Hilfe dieser hohen Summen könnten regionale und internationale Klimaschutzprojekte gleichermaßen finanziert werden. Denn die Begrenzung des Klimawandels ist und bleibt eine globale Herausforderung, zu der alle einen Beitrag leisten müssen.
Weiterführende Informationen
Auf der IZU-Webseite finden Sie Fachwissen zur Erläuterung des Grundprinzips der Kompensation, zu Arten und Qualitätskriterien von Kompensationsprojekten sowie zu Kompensationsmärkten (Arten, Regelwerke und Register). Außerdem einen Vergleich zwischen regionalen und internationalen Kompensationsprojekten. Interessant ist auch ein FAQ zur Kritik am Kompensationsansatz.Weiterführende Informationen
Links
- IZU-Fachwissen: Klimaneutralität
- IZU-Fachwissen: Kompensationsprojekte verstehen – Grundprinzip, Arten und Qualitätsmerkmale
- IZU-Fachwissen: Kompensation – Regionale oder internationale Projekte?
- IZU-Fachwissen: Kompensationsmarkt verstehen – Arten, Register und Regelwerke
- IZU-FAQ: Treibhausgaskompensation: Welche Kritik gibt es und was steckt hinter dem Vorwurf des Greenwashings?
- UBA: Informationen zur Schadenskostenberechung
- DEHSt: Informationen zur „freiwilligen Kompensation“
- UBA: Ratgeber „Freiwillige CO2-Kompensation durch Klimaschutzprojekte“
- UBA: Kompensationszahlungen als Ausgleich unvermeidbarer Emissionen
- Allianz für Entwicklung und Klima: Informationen und Leitfäden